Das deutsche Glücksspielrecht und der ‘Panikknopf’
Nov2020

Das deutsche Glücksspielrecht und der ‘Panikknopf’

04 November 2020
Marktverengung befürchtet; weiter erhebliche europarechtliche Zweifel
Die Sachlage und deren Fragezeichen

Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag 2021(GlüStV) tritt – wenn überhaupt – erst nach Ratifizierung durch sämtliche Bundesländer am 1. Juli 2021 in Kraft. Ungeachtet dessen haben sich die Länder darauf verständigt, bereits ab dem 15.Oktober 2020 von dem GlüStV Gebrauch zu machen. Die Gemeinsamen Leitlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden hierzu basieren auf einem Umlaufbeschluss der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8.September 2020.

Soweit das Procedere. Dieses ist in sich bereits problematisch, da ihm einerseits die parlamentarische Legitimation fehlt, die eingeräumte Frist weiterhin extrem knapp bemessen wurde und die neuen Regeln andererseits für die Umsetzung teilweise erhebliche Unklarheiten schaffen und damit die Gefahr ungewollter Verstöße von bereits am Markt tätigen Unternehmen. Rechtlich zweifelhaft wird es zusätzlich dadurch, dass das Notifizierungsverfahren der EU-Kommission nicht abgewartet wurde und zudem - bereits vor Ratifizierung durch alle Bundesländer - ein zumindest in Teilen gemäß Europarecht fragwürdiges Regelwerk faktisch in Kraft gesetzt wurde.

Höchst fraglich erscheint, ob durch den neuen GlüStV eine Art „Glücksspiel-Revolution“ in Deutschland in Gang gesetzt werden kann. In der Praxis wird eher das Gegenteil erwartet. Es wird davon ausgegangen, dass der GlüStV zu einer Verengung des Online-Glücksspielmarkts führen wird. In der Branche wird befürchtet, dass die staatlichen und andere marktführende Unternehmen (wie etwa Gauselmann und Novomatic) den Online-Glücksspielmarkt beherrschen werden. Für kleinere und auch für ausländische Unternehmen werden die neuen Regeln in der Kürze der Zeit und aufgrund ihrer Komplexität kaum umzusetzen sein.

Glücksspiele im Internet

Das deutsche Online Glücksspielrecht unterscheidet auf Grundlage des zukünftigen GlüStV zwischen virtuellem Automatenspiel, Online-Poker und Online-Casinospiel. Für die Zulässigkeit von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker sieht der GlüStV ein Erlaubnismodell vor, welches in §§ 22a, b GlüStV geregelt ist. Hingegen gilt gem. § 22c GlüStV ein restriktives Konzessionsmodell für die Zulässigkeit von Online-Casinospielen. Das heißt, dass die Länder bei Online-Casinospielen selbst über deren Zulassung entscheiden.

Sportwetten fallen ebenfalls unter den Anwendungsbereich des GlüStVs. Auch hierbei gilt das Erlaubnismodell und die Zulässigkeit richtet sich nach § 21 GlüStV.

Worum geht es bei den Änderungen ab 15. Oktober 2020 in Deutschland?

Seit dem 15.10.2020 wird Online-Glücksspiel in Deutschland unter einer ganzen Reihe von Anforderungen offiziell geduldet.

Folgende wesentliche Änderungen müssen seit dem 15. Oktober 2020 umgesetzt werden:

  • Anbieterbezogenes Spielkonto: Ein Spieler hat sich mit seinen persönlichen Daten (Vorname, Name, Adresse etc.) beim Veranstalter oder Vermittler zu registrieren. Dabei hat der Veranstalter oder Vermittler, bei dem die Registrierung erfolgt, die Richtigkeit der getätigten Angaben zu überprüfen
  • Einsätze, Gewinne und Verluste: Der Spielanbieter hat nach jeder Identifizierung und Authentifizierung sowie vor Beginn des Spiels über die jeweiligen Einsätze, Gewinne und Verluste der letzten 30 Tage zu informieren, wenn seit der letzten Information mehr als 24 Stunden vergangen sind. Der Spieler muss dies ausdrücklich zur Kenntnis nehmen.
  • Monatliches Einzahlungslimit von maximal 1.000 Euro: Die Spieler sind aufzufordern domainbezogen ein „individuelles Einzahlungslimit“ von maximal 1.000 Euro/Monat festzulegen. Auch wöchentliche und tägliche Limits können eingerichtet werden. Bei Erreichen des jeweiligen individuellen Limits darf eine weitere Spielteilnahme nicht ermöglicht werden.
  • Anbieten von verschiedenen Glücksspielformen: Spielanbieter dürfen über dieselbe Internetdomain verschiedene Glücksspielformen nur dann anbieten, wenn diese grafisch voneinander abtrennbar sind. Dazu muss jeweils ein selbstständiger Bereich eingerichtet werden.
  • Minutensperre: Nach einem durchgeführten Glücksspiel muss mindestens eine Minute abgewartet werden, bis in einem anderen Bereich desselben Anbieters an einem Glücksspiel teilgenommen werden darf.
  • 'Spielsuchtfrühwarnungssystem': Ein solches muss eingerichtet werden, um der Spielsucht frühzeitig entgegenwirken zu können. Wie dies im Einzelnen zu geschehen hat, bleibt unklar.
  • 'Reality Checks': Die Spieler sind stündlich zu „Reality Checks“ aufzufordern und müssen diese ausdrücklich bestätigen. Die weitere Spielteilnahme ist dabei erst fünf Minuten nach der Bestätigung zulässig.
Der 'Panikknopf'

Für Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker wurde die Einrichtung eines sog. 'Panikknopfs' eingeführt.

Der Panikkopf wird in den Leitlinien der Länder sogar legal definiert und zwar wie folgt: 'Die Einrichtung einer auf die Domain bezogenen 24 Stunden-Sperre.'

Ein solcher Panikknopf ist überall dort dauerhaft anzuzeigen, wo eine Spielteilnahme möglich ist. Im Falle des Betätigens des Panikknopfs durch einen Spieler ist die weitere Spielteilnahme für die nächsten 24 Stunden nicht mehr möglich. Nach einer erfolgten Betätigung des Panikknopfs darf der Spieler dabei aber gerade nicht zur Bestätigung dieser eingerichteten 24 Stunden-Sperre aufgefordert werden.

Die Änderungen ab dem 15.Dezember 2020

Zwei weitere Regeln sind ab dem 15.Dezember 2020 umzusetzen. Dabei handelt es sich um folgende Änderungen:

  • 1. Ein Glücksspiel muss mindestens eine Dauer von fünf Sekunden haben;
  • 2. Der Einsatz pro Spiel wird auf einen Euro beschränkt.
Auswirkungen für die Spielanbieter

Wie die neuen Regeln technisch von den jeweiligen Spielanbietern umgesetzt werden und ob damit tatsächlich der Spielsucht entgegengewirkt werden kann, bleibt abzuwarten.

Gemäß Richtlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder steht lediglich fest, dass nach Ablauf der Übergangszeit bis zum 1. Juli 2021 einem Spielanbieter nicht die Zuverlässigkeit abgesprochen wird, wenn die „neuen Regeln“ befolgt werden und geeignete technische Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen werden. Ein Anspruch auf Erlaubniserteilung im Rahmen eines späteren Erlaubnisverfahren besteht jedoch nicht.

Glücksspielstaatsvertrag und Europarecht

Es bleibt zudem ausgesprochen zweifelhaft, ob der GlüStV 2021 mit dem EU-Recht vereinbar ist und einer solchen europarechtlichen Überprüfung standhalten kann.

Eine ganze Reihe von Argumenten spricht dagegen -von der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV über die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV bis hin zum europarechtlichen Wettbewerbsverbot gem. Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 102 Abs. 1 AEUV.

Nicht ohne Grund hat das Saarland in einer Protokollerklärung im Übrigen darauf hingewiesen, dass Grundlage des Umlaufbeschlusses der Länder die zukünftige Ratifizierung des GlüStV ist. Sollte diese – aus welchen Gründen auch immer – nicht durch eine ausreichende Anzahl der Länder erfolgen, entfällt die Geschäftsgrundlage und das deutsche Glückspielkartenhaus stürzt schon deshalb in sich zusammen.

Malta – eine rechtssichere Alternative

Angesichts der Komplexität und voraussichtlichen Brüchigkeit der vorgesehenen deutschen Regelung bleibt für viele, gerade auch kleinere und mittlere Veranstalter von Glücksspielangeboten nur der Weg, sich um eine rechtssichere Lizenz außerhalb Deutschlands zu bewerben.

Malta bietet dafür eine seit Jahren bewährte Jurisdiktion mit einer effizient arbeitenden Gaming Behörde, der Malta Gaming Authority, MGA.

Im Rahmen unserer Gaming-rechtlichen Expertise bei Kresse International beraten wir unsere Mandanten von der notwendigen Firmengründung und den erforderlichen Bankkonten über die Beantragung einer Gaming Lizenz bis hin zur anschließenden Führung der Gaming Firma einschließlich notwendiger Office Kapazitäten und Begleitung bei der Einstellung von Customer Service Mitarbeitern für die 24-7 Betreuung der Spielkunden.